Hallo liebe Phefux-Leser,

heute möchte ich euch ein paar der Informationen, die ich aus der E.S.PKU mitnehmen konnte, an euch weitergeben. Es waren so viele neue Eindrücke, dass ich einige erstmal für euch aufbereiten musste. Denn die Vorträge werden alle auf Englisch gehalten und sind teilweise sehr technisch bzw. medzinisch. Damit die Informationen auch wirklich jedem zugänglich sind, habe ich versucht die wichtigsten und interessantesten Dinge für euch zu extrahieren. 🙂

Unterschiede in der Behandlung von neugeborenen PKUlern und die Informationen für die Eltern

In Norwegen ist dieser Aspekt ein wenig anders geregelt als in Deutschland. Und, wie ich finde, besser! Nachdem man nach der Geburt durch das Screening erfährt, dass das Kind PKU hat, werden den Eltern Sozialarbeiter und medizinisches Personal zur Seite gestellt. Die wichtigsten Fragen können im direkten Gespräch geklärt werden. Die Eltern erhalten eine umfassende Schulung darüber, was PKU ist, wie man Blutproben beim Säugling abnimmt, wie die Eltern finanzielle Hilfe beantragen können und wo sie sich melden müssen, um die Versorgung mit einer phenylalaninfreien Aminosäuremischung sicherzustellen. Zusätzlich wird versucht, direkt Kontakt zu anderen Eltern mit PKU-Kindern zu vermitteln, so dass man von Anfang an nicht alleine da steht! Auch wird den Eltern direkt vermittelt, was gegessen werden darf und wie es am besten zubereitet werden kann. Diese umfassende und interdisziplinäre Einführung finde ich bemerkenswert und optimal. Ich wünsche dieses Gesamt-Care-Paket allen neuen PKU-Eltern. Ich habe von einigen Lesern gehört, dass dies in Deutschland leider immer noch nicht so allumfassend umgesetzt wird. Ich, für mich persönlich, kann ja nur den Status Quo aus den 80ern erinnern und da war die Betreuung nicht halb so gut aufgestellt. Gerade die Vermittlung einer Sozialarbeiterin finde ich so wichtig, damit auch einkommensschwache Familien direkt gut versorgt in die Diät-Betreuung ihrer Kinder einsteigen können. Perfekt wäre noch eine Psychologische HIlfe, da natürlich erstmal die Tatsache „Mein Kind hat PKU“ verarbeitet werden muss.

Hieran sieht man aber auch, dass eine erfreuliche Entwicklung ins Positive stattfindet.

PEG-PAL – DIe Behandlung von PKU durch die Zufuhr von Enzymen

Viele Zuschriften haben mich zum Thema PEG-PAL erreicht. Und ehrlich gesagt, habe ich da leider gar nicht so viele Informationen bekommen, weil es kaum Neuigkeiten gibt. Für alle unter euch, die nicht im Bilde sind: PEG-PAL soll eine neue Möglichkeit der Behandlung von PKU darstellen. Das Verfahren wird grob so aussehen, dass man sich ein- bis mehrmals am Tag eine Injektion mit einer Spritze verabreicht und diese dann dafür sorgt, dass der Körper mehr natürliches Eiweiß verarbeiten und aufspalten kann. Dies soll besonders für PKUler gut sein, die lange Zeit keine Diät mehr gehalten haben und es nicht mehr schaffen wieder einzusteigen. So kann ein breites Nahrungsspektrum erhalten bleiben und man hofft, so „Problemfälle“ eher in den Griff zu bekommen.

Ich muss dazu sagen, dass PEG-PAL zwar derzeit in die erste Phase der klinischen Studien geht (vor allem in den USA), aber man nicht mit einer kurzfristigen Einführung rechnen kann. Zumal man die Langzeitwirkungen und etwaige Nebenwirkungen etc. erst in den klinischen Studien erfassen muss. Das ist ein langwieriger Prozess und selbst der Referent konnte keinen Zeitraum nennen, in dem PEG-PAL eingeführt werden wird.

Das Mindset als wichtiger Faktor bei einer chronischen Erkrankung

Dieser Teil ist mir persönlich besonders wichtig! Denn egal, wie die weitere Behandlung und DIätführung von PKU aussehen wird, egal was für tolle Neuerungen uns erwarten und auch welche Rückschläge wir vielleicht erfahren müssen: Unser Mindset (das meint: unsere innere Einstellung) ist für einen erfolgreichen Alltag und unsere eigene Annahme unserer ganz persönlichen PKU so unglaublich wichtig! Louise Healy ist MDDA in Australien und selbst auch Mutter eines PKU-Kindes. Sie hielt zwei Vorträge zu Selbstbewusstsein und PKU und wie man an seinem Mindset arbeiten kann. Ich denke, dass dies einen zentralen Punkt in der PKU-Diät abdeckt, der oft vergessen wird. Psychische Gesundheit bzw. eine positive Grundstimmung wirkt sich ja auch auf die Diätführung und die Einnahme der Aminosäure aus. Lebenszufriedenheit ist auch mit einer chronischen Erkrankung zu erreichen – das ist eine ganz wichtige Boschaft, die ich unbedingt weitergeben möchte. 🙂 Die Neurowissenschaften forschen momentan auch verstärkt in diese Richtung und wir durften erfahren, dass durch ein positives Mindset, also wenn man positiv in eine vielleicht erstmal ungewohnte Situation geht, neue Vernetzungen zwischen den Synapsen im Gehirn verknüpft werden. Es passiert also etwas aktiv in unserem Körper und in unserem Gehirn, wenn wir uns auf eine Situation einlassen. Das kann z.B. in einer schwierigen Phase der Diät hilfreich sein. Eine eher negative Einstellung und zu viel Angst vor den Dingen behindern uns also in unserer Entfaltung und „Was wäre, wenn..“-Fragen lassen die Sorgen nur weiter anschwellen. Ein ganz wichtiger Faktor ist auch, dass man als PKU-Patient die eigene Kontrolle über seine PKU-Diät wertschätzt bzw. diese auch einfordert! Denn auch das Gefühl keine Kontrolle über die Dinge zu haben, lässt das Mindset negativ werden und uns ängstlicher, sorgenvoller und eventuell nicht mehr so handlungsfähig, wie wir gerne sein würden. Es ist auch wichtig, dass die medizinische Forschung dies in der Diät-Führung einkalkuliert! Denn ein positives Mindset hilft effektiv bei der Einhaltung und Durchführung der PKU-Diät.

Ich werde an diesem Thema weiter für euch arbeiten und ihr dürft da auf ein ganz tolles Projekt gespannt sein!!

PKU Monitoring – Zuhause den Phe-Wert bestimmen mit einem eigenen Gerät?

Einer der Aussteller hatte in seinem Portfolio ein Gerät auf das viele von uns aufmerksam wurden. Es ist ein Gerät für Zuhause, dass den Phenylalanin-Spiegel erfasst und anzeigen kann. Wow! Das wäre schon ein Träumchen und würde den Alltag mit der PKU-Diät wirklich erleichtern. Leider hat die ganze Sache aber auch einen Haken. Das Produkt funktioniert nur mit einer eigens konstruierten und zusammengemischten Aminosäure, welche Polymere enthält. Nur durch diese Polymere kann das Gerät den Phe-Spiegel ausrechnen und anzeigen. Das heißt, beide Produkte sind unweigerlich aneinenander gekoppelt. Ein zweiter Haken ist, dass es leider noch keinen Termin für die Markteinführung gibt und auch hier noch etliche medizinische Studien vorher laufen müssen, bis wir Zugang zu so einem Gerät erhalten könnten.

PKU und das Gehirn

Super interesant war auch der Vortrag über die Auswirkungen der Diätführung auf das menschliche Gehirn von Shaun Christ aus Missouri. Um eines vorweg zu nehmen, am besten für die Gehirnentwicklung und auch das ausgewachsene Gehirn sind die Früherkennung und Behandlung der PKU (je früher desto besser), das Einhalten der PKU-Diät (je strikter desto besser) und eine möglichst geringe Varianz in den PKU-Werten (je weniger desto besser)! Das sollte uns klar sein.

Im Laufe des Lebens eines PKUlers kann es zu einer Vermehrung der „weißen Masse“ im Gehirn kommen. Dies ist besonders bei schlechter Diätführung stärker ausgeprägt. Wenn man sich wieder an die Diät hält, ist dieser Prozess rückläufig. Glücklicherweise hat dies bisher keine kognitiven Auswirkungen und PKUler können ihr Gehirn im genau gleichen Umfang nutzen, wie es Nicht-PKUler tun. Jedoch scheint die Neigung zu Depressionen, Phobien und Angststörungen bei PKUlern erhöht zu sein. Gerade bei schlechter Diätführung zeigt sich hier eine höhere Ausprägungsrate. Ich kenne das aus meinem eigenen Leben auch und bin dankbar über meine guten Werte, denn ich habe leider auch mal eine Zeit mit sehr hohen Werten erlebt und kann rückwirkend erkennen und erzählen, wie gering meine Frusttrationstoleranz war und ich zusätzlich sehr in mich gekehrt war.

Make PKU sexy again!!

Am Ende aller Präsentationen gab es nochmal einen wichtigen Aufruf. Die PKU ist mittlerweile ganz gut erforscht und die Ärzte wissen mittlerweile, wie mit der PKU-Stoffwechselerkrankung umzugehen ist. Durch die Behandlung mit eiweißarmer Diät plus phenylalaninfreier Aminosäure-Mischung gibt es auch einen Therapieplan. Das ist einerseits wirklich erfreulich und auch die Standardisierung durch die europäischen Richtlinien schreitet vorran. Aber auch genau da liegt ein Risiko: Die PKU wird für die Forschung und die Ärzte langweilig! Viele Fördermittelgeber, Geldgeber, Forscher etc. denken, dass es sich nicht mehr lohnt, in die PKU-Forschung zu investieren. Die Forschungslage ist mittlerweile so gut, dass kaum mehr Aufsätze oder Studien zu PKU beauftragt und geschrieben werden. Das darf nicht zu unserem Ist-Zustand werden! PKU ist immer noch eine ernstzunehmende Erkrankung und Stoffwechselstörung. Wir brauchen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, damit wir nicht in Vergessenheit geraten. Lasst uns laut sein! 😀 Die PKU muss weiter erforscht werden, die Behandlung muss konsequent verbessert werden! Dafür dürfen wir nicht schweigsam sein. Sprecht mit den Politikern vor Ort, schließt euch Verbänden wie der DIG PKU an, tauscht euch aus, plant vielleicht sogar eine kleine öffentlichkeitswirksame Aktion. PKU darf nicht aus dem Fokus geraten! Ich versuche seit dem Start meines Blogs meinen Teil dafür beizutragen. Und ich hoffe, dass wir zusammen PKU wieder sexy machen! 😉

Alles Liebe

Euer Phefux